Ein methodisch professionell durchgeführtes Heilfasten wird immer noch häufig mit „Hungern“ oder einer Mangelernährung gleichgesetzt. Dabei wird Fasten laut Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung e. V. offiziell als freiwilliger Verzicht auf feste Nahrung und Genussmittel für einen begrenzten Zeitraum definiert und grenzt sich dabei klar vom „Hungern“ – ein unfreiwilliger Verzicht auf unbestimmte Zeit – ab. Essstörungen oder Nahrungsmittelknappheiten, die über einen längeren Zeitraum zu Nährstoffdefiziten und infolgedessen auch zu Gewichtsverlust führen, sind als Ursache für das Ausbleiben der Periode (funktionale hypothalamische Amenorrhö) oder gar Unfruchtbarkeit nicht unbekannt. So ist beispielsweise ein minimaler Körperfettanteil von 17-22 % bei Frauen notwendig für einen regelmäßigen Menstruationszyklus (Huhmann, 2020).

So machen sich Frauen, abgesehen von den vielen positiven Effekten des Fastens auf den Körper, immer häufiger Sorgen über einen negativen Einfluss auf das hormonelle Gleichgewicht. Zusätzlich werden sie durch Fasten-Mythen, die in den sozialen Netzwerken kursieren, verunsichert. Diese Aussagen setzen ein therapeutisches Fasten mit einem Hungern gleich . Die wachsenden Unsicherheiten und Sorgen sind jedoch häufig unbegründet – sofern der Nahrungsverzicht nicht unwillkürlich, sondern methodisch sicher und mit Bedacht geschieht.

Therapeutisches Fasten ≠ Hungern

Therapeutisches Fasten (zum Beispiel nach Dr. Otto Buchinger) beschränkt sich auf einen Zeitraum von wenigen Wochen und unterliegt nicht dem primären Zweck eines Gewichtsverlustes. Bei der Durchführung eines präventiven Buchinger Fastens, wird der Körper zusätzlich mit Nährstoffen wie Vitaminen und Mineralien aus einer begrenzten Menge Saft und Gemüsebrühe versorgt. Da es dennoch gewollt ist, dass sich der Körper innerhalb dieser Zeit seiner endogenen Reserven bedient, ist ein gesundes Ausgangsgewicht sowie eine gute Nährstoffversorgung die Grundlage für das Fasten (Toledo et al., 2013). Im Prinzip richtet sich die Fastenmethode also an gesunde Menschen.

Dennoch kann es während der Fastenperiode zu einer verringerten Freisetzung des Luteinisierenden Hormons (LH) bzw. des Follikel-stimulierenden Hormones (FSH), auch bei gesunden Menschen kommen. Infolgedessen kann sich die Follikelreifung verzögern. Verantwortlich dafür ist ein komplexes Zusammenspiel unter anderem aus einem verringerten Leptin-Spiegel und infolgedessen einer Herabregulierung sogenannter Kisspeptine. Kisspeptine sind Peptidhormone, die normalerweise das positive Feedback der Östrogene auf die LH Freisetzung verstärken. Interessant ist hierbei, dass die Kisspeptine bei weiblichen Ratten nur dann durch das Fasten negativ beeinflusst wurden, wenn Östrogene zugegen waren. In den Zyklusphasen, wo der Östrogenspiegel jedoch ohnehin niedrig ist, wie in der Follikelphase, die mit dem ersten Tag der Blutung beginnt, zeigte sich kein Einfluss des Fastens auf die Kisspeptine und auch nicht auf die LH-Freisetzung (Kalamatianos et al., 2008).

Laut derartiger Untersuchungen ist also entscheidend, ob während der Follikelphase oder der Lutealphase gefastet wird. Dies bestätigten auch Humanstudien. Die Lutealphase beginnt nach dem Eisprung. Sofern keine Befruchtung erfolgt, dauert sie etwa 14 Tage und endet unmittelbar vor der nächsten Menstruation. So hatte der Nahrungsverzicht keine bedeutende Auswirkung auf die Hormonsekretion von LH und FSH, wenn sich die Frauen in der Follikelphase befanden (Olson et al., 1995) (Mr et al., 1994). Außerdem zeigten sich bei Frauen, die einen sehr geringen Körperfettanteil als Ausgangslage hatten (>20%), vermehrt sinkende LH-Spiegel, verringerte Follikelreifungen oder verlängerte Follikelphasen, wenn diese im Vergleich zu normalgewichtigen Frauen fasteten (Alvero et al., 1998).

Ein weitaus komplexeres und noch nicht eindeutig geklärtes Thema ist, inwiefern die Fasten bedingte Cortisol-Ausschüttung die Hormonfreisetzung beeinflusst und inwiefern die Zyklusphase dabei eine Rolle spielt. Hier ist jedoch noch mehr Forschungsbedarf notwendig. Zur Fasten bedingten Cortisol-Ausschüttung wird es nochmal einen gesonderten Blogbeitrag geben. Für die Annahme, dass sich ein therapeuthisches Fasten schädlich auf die hormonelle Balance auswirkt, gibt es bisher keine Evidenz.

Was bedeutet das für dich?

Zusammenfassend können folgende Dinge beachtet werden

  1. Wer sich für das Fasten entscheidet, sollte eine gute Ernährungsgrundlage und ein normales Körpergewicht haben. Kurzum „gesund sein“ – andernfalls sollte die Notwendigkeit des Fastens und die Vorteile gut abgeklärt und in Begleitung ausgebildeter Fachleute durchgeführt werden.

  1. Es bietet sich an die Fastentage in der Follikelphase des Menstruationszykluses durchzuführen, da dort der Einfluss auf die Hormone geringer ist. Die Follikelphase beginnt am ersten Tag der Blutung und endet immer zum Zeitpunkt des Eisprungs. Der Name rührt daher, dass in dieser Zeit die sogenannten Follikel (Hüllen der Eizellen) in den Eierstöcken reifen.

  1. Die Fastentage so legen, dass der Stresspegel so gering wie möglich ist, denn akuter Stress kann durch die zusätzliche Ausschüttung von Stresshormonen (Cortisol) die Geschlechtshormonlage – auch unabhängig vom Fasten – zusätzlich negativ beeinflussen.

  1. Auf den eigenen Körper hören – In welchem Zeitraum des eigenen Zyklus hat man die meiste Energie und kein zu großes Hungergefühl – dies ist der passende Zeitpunkt zum Fasten. Sehnt man sich eher nach Ruhe, fühlt sich antriebslos und hat viel Appetit sollte man den Körper durch einen Nahrungsverzicht lieber nicht noch zusätzlich fordern. Die Erfahrungen aus der Praxis sind unterschiedlich, weshalb die eigene Wahrnehmung und das Wohlbefinden mit in die Entscheidung für den richtigen Zeitpunkt einfließen sollten.

  1. Den Menstruationszyklus im Blick behalten – Wie verhält sich der Zyklus während oder nach dem Fasten? Hat sich etwas verändert? Der Körper reguliert sich meist von selbst, daher kannst du darauf vertrauen, dass sich dein Zyklus – bei gesunden Fastenden – auf Dauer wieder reguliert. Durch zusätzliches Beobachten gewinnst du für dich an Sicherheit.

Bei diesen Überlegungen geht es in erster Linie um das klassische Heilfasten, welches einen temporären Nahrungsentzug umfasst. Das mittlerweile zum Trend gewordene intermittierende Fasten, welches grundlegend nicht auf einen Nahrungsverzicht abzielt, sollte daher differenzierter betrachtet werden.

Du solltest nicht Fasten, wenn du:

  • schwanger bist oder stillst
  • (sehr) untergewichtig bist
  • von einer Essstörung betroffen bist
  • unter großem chronischem Stress stehst

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– Laura // Tessa


 

 

„Jeder Mensch is(s)t individuell. Jeder Zyklus ist individuell. Jede Fastenphase ist individuell.“

– Laura